Opfer einer Straftat

Rechtsanwältin, Fachanwältin und Schlichterin

– Beschreibung

Rechte des Opfers im Strafverfahren

Als Opfer einer Straftat sollten Sie sich zunächst darüber im Klaren sein, dass die nicht erfolgte Strafanzeige den Täter und nicht Sie schützt. Sie haben im Strafverfahren weitreichende Rechte. Gerne informieren wir Sie hierrüber und können Sie bei deren Durchsetzung unterstützen.

Zunächst empfiehlt es sich, alles was zur Aufklärung des Falls beitragen kann (u.a. Spuren, Zeugen, Fotos, Chatverläufe) zu sichern, was teilweise durch Sie oder aber auf Veranlassung der Polizei erfolgen kann.

Ihrer Zeugenaussage, die geordnet und klar sein sollte, ist daneben der wichtigste Bestandteil der Strafverfolgung.

Sie haben das Recht, sich von Beginn des Strafverfahrens an durch einen geeigneten Rechtsanwalt vertreten zu lassen. Bei der Auswahl des Rechtsanwalts sollten Sie darauf achten, dass sie einen Rechtsanwalt beauftragen, der befähigt ist zum einen für ihre Situation Empathie aufzubringen, zum anderen in der Lage ist sie sowohl im Strafverfahren zu vertreten als auch zivilrechtliche Ansprüche (Schadenersatz, Wohnungszuweisung, Gewaltschutz, Unterlassungsverfahren etc.) für sie durchsetzen. Idealerweise ist das ein Fachanwalt für Strafrecht, der zugleich auch Rechtsanwalt für Familienrecht ist. Sollte die Angelegenheit das Ausländerrecht tangieren, weil sie selbst oder aber der Täter Ausländer ist, so wäre es wünschenswert, wenn der Rechtsanwalt außerdem Fachanwalt für Migrationsrecht ist.

Der Opferanwalt wird sie durch das Verfahren begleiten und für Sie Rechte wahrnehmen und ihre Belange und Rechte -sofern es sich um ein nebenklagefähiges Delikt handelt- in der strafrechtlichen Hauptverhandlung durchsetzen.

 

Nebenklageberechtigt

Wer Nebenklageberechtigt ist, ist in § 395 StPO geregelt. Danach kann sich der öffentlichen Klage oder dem Antrag im Sicherungsverfahren mit der Nebenklage anschließen, wer verletzt ist durch eine rechtswidrige Tat nach

·           den §§ 174 bis 182 des Straf­ge­setz­bu­ches,

·           den §§ 211 und 212 des Straf­ge­setz­bu­ches, die ver­sucht wur­de,

·           den §§ 221, 223 bis 226 und 340 des Straf­ge­setz­bu­ches,

·           den §§ 232 bis 238, 239 Ab­satz 3, §§ 239a, 239b und 240 Ab­satz 4 des Straf­ge­setz­bu­ches,

·           § 4 des Ge­walt­schutz­ge­set­zes,

·           § 142 des Pa­tent­ge­set­zes, § 25 des Ge­brauchs­mus­ter­ge­set­zes, § 10 des Halb­leit­erschutz-
­      ge­set­zes, § 39 des Sor­ten­schutz­ge­set­zes, den §§ 143 bis 144 des Mar­ken­ge­set­zes, den §§ 51
      und 65 des Ge­schmacks­mus­ter­ge­set­zes, den §§ 106 bis 108b des Ur­he­ber­rechts­ge­set­zes,
      § 33 des Ge­set­zes be­tref­fend das Ur­he­ber­recht an Wer­ken der bil­den­den Küns­te und der
      Pho­to­gra­phie und den §§ 16 bis 19 des Ge­set­zes ge­gen den un­lau­te­ren Wett­be­werb.

Die gleiche Befugnis steht Personen zu,

·           de­ren Kin­der, El­tern, Ge­schwis­ter, Ehe­gat­ten oder Le­bens­part­ner durch eine rechts­-
      wid­ri­ge Tat ge­tö­tet wur­den oder

·           die durch ei­nen An­trag auf ge­richt­li­che Ent­schei­dung (§ 172) die Er­he­bung der
      öf­fent­li­chen Kla­ge her­bei­ge­führt ha­ben.

Bei einer Person, die durch eine andere rechtswidrige Tat, insbesondere nach den §§ 185 bis 189, 229, 244 Absatz 1 Nummer 3, §§ 249 bis 255 und 316a des Strafgesetzbuches, verletzt ist, kann sich das Opfer der erhobenen öffentlichen Klage mit der Nebenklage anschließen, wenn dies aus besonderen Gründen, insbesondere wegen der schweren Folgen der Tat, zur Wahrnehmung seiner Interessen geboten erscheint.

Der Anschluss ist in jeder Lage des Verfahrens zulässig. er kann nach ergangenem Urteil auch zur Einlegung von Rechtsmitteln geschehen. Wird die Verfolgung nach § 154a StPO beschränkt, so berührt dies nicht das Recht, sich der erhobenen öffentlichen Klage als Nebenkläger anzuschließen. Danach sind sie im wesentlichen Nebenklageberechtigt bei:

·           allen Se­xu­al­de­lik­te (z. B. se­xu­el­ler Miss­brauch, Ver­ge­wal­ti­gung, se­xu­el­le Nö­ti­gung etc.)

·           ver­such­ter Mord und Tot­schlag

·           Aus­set­zung, ver­schie­de­ne Kör­per­ver­let­zungs­tat­be­stän­de

·           Men­schen­raub, Ver­schlep­pung, Ent­zie­hung Min­der­jäh­ri­ger, so­wie in qua­li­fi­zier­ten Fäl­len
      der Frei­heits­be­rau­bung, er­pres­se­ri­scher Men­schen­raub und Gei­sel­nah­me so­wie nun­mehr
      auch Nö­ti­gung und Stal­king je­weils im be­son­ders schwe­ren Fall.

 

Beiordnung eines Rechtsanwalts als Beistand

Für nebenklageberechtigte Opfer ist es gemäß §§ 397a StPO möglich einen Rechtsanwalt als Beistand oder über Prozesskostenhilfe bestellt zu bekommen.

Als Beistand ist dann der Fall, wenn das Opfer

·           durch ein Ver­bre­chen nach den §§ 176a, 177, 179, 232 und 233 des Straf­ge­setz­bu­ches
      ver­letzt ist,

·           durch eine ver­such­te rechts­wid­ri­ge Tat nach den §§ 211 und 212 des Straf­ge­setz­bu­ches
      ver­letzt oder An­ge­hö­ri­ger ei­nes durch eine rechts­wid­ri­ge Tat Ge­tö­te­ten im Sin­ne des
      § 395 Ab­satz 2 Num­mer 1 ist,

·           durch ein Ver­bre­chen nach den §§ 226, 234 bis 235, 238 bis 239b, 249, 250, 252, 255 und
      316a des Straf­ge­setz­bu­ches ver­letzt ist, das bei ihm zu schwe­ren kör­per­li­chen oder
      see­li­schen Schä­den ge­führt hat oder vor­aus­sicht­lich füh­ren wird, oder

·           durch eine rechts­wid­ri­ge Tat nach den §§ 174 bis 182, 221, 225, 226, 323 bis 235, 238 Ab­satz
      2 und 3, §§ 239a, 239b, 240 Ab­satz 4, §§ 249, 250, 252, 255 und 316a des Straf­ge­setz­bu­ches
      ver­letzt ist und er bei An­trag­stel­lung das 18. Le­bens­jahr noch nicht voll­endet hat oder
      sei­ne In­ter­es­sen selbst nicht aus­rei­chend wahr­neh­men kann.

Der durch das Gericht beigeordnete Rechtsanwalt wird – sofern von Ihnen mit ihm keine Vergütungsvereinbarung nach § 4 RVG getroffen wurde – vollständig aus der Staatskasse nach RVG vergütet. Wird der Angeklagte freigesprochen, so kommt die Staatskasse für die Kosten des Zeugenbeistandes auf. Wird der Angeklagte verurteilt, so werden die von der Staatskasse gezahlten Kosten zu den vom Angeklagten zu tragenden Kosten des Verfahrens.

Das bedeutet, dass der Angeklagte bei einer Verurteilung die Kosten des Zeugenbeistandes an die Staatskasse zu bezahlen hat. Das heißt für Sie, wenn Ihnen ein Zeugenbeistand nach § 68b StPO beigeordnet wurde, dann müssen Sie in keinem Fall für die Kosten aufkommen.

Liegen die Voraussetzungen für eine Bestellung als Beistand nicht vor, so kann eine Bestellung auf Antrag über Prozesskostenhilfe nach denselben Vorschriften wie in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten erfolgen, wenn das Opfer seine Interessen selbst nicht ausreichend wahrnehmen kann oder ihm dies nicht zumutbar ist.

Letztlich trifft die Entscheidung über die Beiordnung als Beistand oder einer Bestellung im Rahmen der Prozesskostenhilfe der Vorsitzende Richter des mit der Sache befassten Gerichts. Delikte bei denen grundsätzlich ein Anschluss -ohne dass es auf die finanziellen Verhältnisse des Opfers ankommt – nach § 397 a Abs. 1 Zif­fer 1 und 2 StPO – erfolgen muss sind:

·           Schwe­rer se­xu­el­ler Miss­brauch von Kin­dern

·           se­xu­el­le Nö­ti­gung/Ver­ge­wal­ti­gung

·           se­xu­el­ler Miss­brauch wi­der­stands­un­fä­hi­ger Per­so­nen

·           Men­schen­han­del zum Zweck der se­xu­el­len Aus­beu­tung und zum Zweck der Aus­beu­tung
      der Ar­beits­kraft

·           ver­such­ter Mord und Tot­schlag

·           alle rechts­wid­ri­gen Tö­tungs­de­lik­te, soweit es um das Recht des Angehörigen geht

Bei den in § 397 a Abs. 1 Zif­fer 3 StPO genannten Delikten muss ebenfalls eine Beiordnung erfolgen, sofern weitere Voraussetzungen vorliegen, nämlich dass das De­likt be­reits zu schwe­ren kör­per­li­chen oder see­li­schen Schä­den ge­führt hat, oder zu­min­dest sol­che zu er­wart­en sind. Hier­bei geht es um fol­gen­de De­lik­te:

·         Schwe­re Kör­per­ver­let­zung

·         Men­schen­raub

·         Ver­schlep­pung

·         Ent­zie­hung Min­der­jäh­ri­ger

·         schwe­res Stal­king

·         Ver­bre­chen der Frei­heits­be­rau­bung

·         er­pres­se­ri­schen Men­schen­raub und Gei­sel­nah­me

·         Raub, schwe­rer Raub, räu­be­ri­scher Dieb­stahl

·         räu­be­ri­sche Er­pres­sung

·         räu­be­ri­scher An­griff auf Kraft­fah­rer

Darüber hinaus muss die Bei­ord­nung er­fol­gen, wenn das Op­fer zum Zeit­punkt der An­trag­stel­lung das 18. Le­bens­jahr noch nicht voll­endet hat. Ist das Opfer älter (Heranwachsender) kann eine kostenfreie Beiordnung erfolgen, wenn das Opfer ohne ei­nen An­walt seine In­ter­es­sen selbst nicht aus­rei­chend wahr­neh­men kann.

 

Prozesskostenhilfe

Nach Maßgabe von 397a Abs. 2 StPO können Betroffene, wenn die Voraussetzungen für eine Beiordnung ohne Ansehung der finanziellen Verhältnisse gem. § 397 a Abs. 1 nicht vorliegen, Prozesskostenhilfe gewährt werden. Das ist dann der Fall, wenn das Opfer einerseits nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen außer Stande ist, die Kosten der anwaltschaftlichen Vertretung zu tragen und andererseits die Sach- und Rechtslage schwierig ist und das Opfer seine Interessen selbst nicht ausreichend wahrnehmen kann bzw. ihm dies nicht zuzumuten ist.

 

Keine Prozesskostenhilfe

Erfolgt keine Beiordnung als Beistand oder ratenlose Prozesskostenhilfe, so muss grundsätzlich das Opfer für seine Anwaltskosten selbst aufkommen. Kommt es zur Verurteilung, werden die Kosten versucht beim Verurteilten zu realisieren und an das Opfer auszukehren.

 

Geltendmachung zivilrechtlicher Ansprüche im Strafverfahren (Adhäsionsverfahren)

Das Adhäsionsverfahren ist eine Verfahrenserleichterung die aus dem Jahr 1943 herrührt und in Kriegszeiten dem Gericht eine doppelte Inanspruchnahme im Straf- und im Zivilverfahren zur Feststellung des gleichen Sachverhalts ersparen sollte. Es wird der zivilrechtliche Anspruch, der der Straftat anhaftet („adhaesio), anstatt in einem eigenen zivilrechtlichen Verfahren unmittelbar im Strafprozess geltend gemacht.

Anwendbar ist das Adhäsionsverfahren grundsätzlich in den oben zum Beistand und zur Prozesskostenhilfe genannten Delikten, nicht hingegen bei Gefährdungsdelikten und im Strafverfahren gegen Jugendliche (§ 89 JGG). 

Antragsberechtigt ist der Verletzte oder sein Erbe. Der Anspruch vermögensrechtliche Anspruch, der zur Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte gehört und noch nicht anderweitig gerichtlich anhängig gemacht ist kann im Strafverfahren geltend gemacht werden. Dies kann im Verfahren vor dem Amtsgericht ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes erfolgen (§ 403 StPO).

Der Antrag, durch den der Anspruch geltend gemacht wird, kann schriftlich oder mündlich zu Protokoll des Urkundsbeamten, in der Hauptverhandlung auch mündlich bis zum Beginn der Schlussvorträge gestellt werden. Er muss den Gegenstand und Grund des Anspruchs bestimmt bezeichnen und soll die Beweismittel enthalten. Dem Antragsteller und dem Angeschuldigten ist auf Antrag Prozesskostenhilfe nach denselben Vorschriften wie in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten zu bewilligen, sobald die Klage erhoben ist. § 121 Abs. 2 der Zivilprozessordnung gilt mit der Maßgabe, dass dem Angeschuldigten, der einen Verteidiger hat, dieser beigeordnet werden soll; dem Antragsteller, der sich im Hauptverfahren des Beistandes eines Rechtsanwalts bedient, soll dieser beigeordnet werden. Zuständig für die Entscheidung ist das mit der Sache befasste Gericht; die Entscheidung ist nicht anfechtbar (§ 404 StPO).

Das Adhäsionsverfahren bringt dem Opfer einer Straftat ganz erhebliche Vorteile:

·         das Opfer kann bereits im Verfahren vor dem Strafgericht mit der Sache abschließen und muss nicht erneut die Sache durchleben

·         der Sachverhalt wird vom Strafgericht ermittelt

·         das Gericht lädt Zeugen, bestellt Gutachter und lässt Spuren auswerten

·         die Kosten entstehen überwiegend im Strafverfahren

·         minimales Kostenrisiko (auch Prozesskostenhilfe möglich)

·         Vollstreckbarer Titel möglich

Aus diesen Gründen sollte der vermögensrechtliche Anspruch grundsätzlich im Strafverfahren geltend gemacht werden.

 

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